Unter dem Motto „Aufsuchende Sozialarbeit für Erwachsene in Berlin“ habe ich am 15.5.2019 mit meiner Kollegin Marianne Burkert-Eulitz ins Abgeordnetenhaus eingeladen, um über Erfahrungen, Grenzen und Handlungsbedarfe in den Austausch zu kommen.
Zentrale Fragen des Fachgesprächs waren:
- Welche Erfahrungen gibt es und wo gibt es Handlungsbedarf?
- Wie ist die Zusammenarbeit zwischen Trägern, Bezirken und dem Land Berlin?
- Welche Chancen bietet eine stärkere sozialräumliche Orientierung?
Diskutiert haben wir mit
- Monika Herrmann – Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg (Bündnis 90/Die Grünen)
- Andreas Abel – Straßensozialarbeiter beim Team Dropout von Gangway e.V.
- Anette Schymalla – Mobile Beratungsstelle für Zugewanderte aus Südosteuropa – MOBI Berlin, Caritas
- Thorsten Haas – Präventionsrat Bezirksamt Mitte
und vielen weiteren Gästen aus der Praxis.
Schnell wurde deutlich, dass die Frage nach guter aufsuchender Sozialarbeit für Erwachsene eine sehr komplexe ist. Schließlich sind die Zielgruppen hier in Berlin sehr unterschiedlich und erfordern zielgerichtete und individuelle Antworten. Eine Person, die schon lange Jahre auf der Straße lebt und sich ein anderes Leben gar nicht mehr vorstellen kann, hat einen anderen Unterstützungsbedarf als jemand, der erst vor Kurzem auf Grund des angespannten Wohnungsmarktes obdachlos geworden ist und dringend versucht, seine Lebenssituation zu verändern. Wieder ganz andere Fragen und Probleme tauchen bei denjenigen auf, die in der Hoffnung auf Arbeit und ein besseres Leben aus Süd- und Osteuropa nach Deutschland kommen, hier keine Arbeit finden und keinen Zugang zu Sozialleistungen haben. Ein weiteres Themenfeld stellt auch die Situation im Görlitzer Park dar.
Schon an diesen Beispielen zeigt sich, dass es nicht eine einzige Lösung für ganz Berlin geben kann. Gerade deswegen ist aber eine bessere Vernetzung vom Land Berlin, den Bezirken und den Trägern umso wichtiger. Dieser Wunsch nach mehr Austausch zog sich durch den ganzen Abend und wurde von verschiedenen Positionen heraus immer wieder geäußert.
Ein weiteres Thema, das kontrovers diskutiert wurde, ist der begrenzte Handlungsspielraum aufsuchender Sozialarbeit. Schließlich geht es meist um eine Weitervermittlung in vorhandene Institutionen und Unterstützungsangebote. Sind die Möglichkeiten des „aufnehmenden Systems“ begrenzt, fehlt auch der Aufsuchenden Sozialarbeit der Spielraum. Hier wurde eine große Hilflosigkeit und auch Frustration bei den Vertreter*innen der Praxis deutlich. An dieser Stelle ist es wichtig, die beiden Bausteine nicht gegeneinander aufzuwiegen. Es gilt, die Aufsuchende Sozialarbeit gezielt zu qualifizieren und auszubauen ohne dabei das aufnehmende System aus den Augen zu verlieren. Gleichzeitig muss berücksichtigt werden, dass viele Regelungen auf Bundes- und nicht auf Landesebene festgelegt sind. Hier geht es vor allem darum, welche Personen Zugang zu Regelleistungen haben oder bekommen. Sind hier die rechtlichen Grundlagen dementsprechend festgelegt, ist natürlich auch eine Vermittlung in das Regelsystem schwer, wenn nicht sogar unmöglich. Auch die landespolitisches Spielräume sind daher häufig begrenzt. Dazu kommt, dass es – laut Berichten aus der Praxis – keine einheitlichen Zielsetzungen in der Trägerlandschaft gibt und in der alltäglichen Arbeit nicht immer zugunsten der Betroffenen gehandelt wird. Hilfesuchende Menschen begegnen so immer wieder Ablehnung, Diskriminierung oder scheinbarer Willkür. Eine bessere Vernetzung von Land, Bezirken und Verwaltung könnte auch hier für mehr Klarheit und Qualität sorgen, um am Ende eine tatsächliche Hilfe und Unterstützung für die Menschen gewährleisten zu können.
Gleichzeitig muss berücksichtigt werden, dass viele Regelungen auf Bundes- und nicht auf Landesebene festgelegt sind. Hier geht es vor allem darum, welche Personen Zugang zu Regelleistungen haben oder bekommen. Sind hier die rechtlichen Grundlagen dementsprechend festgelegt, ist natürlich auch eine Vermittlung in das Regelsystem schwer, wenn nicht sogar unmöglich. Auch die landespolitisches Spielräume sind daher häufig begrenzt. Dazu kommt, dass es – laut Berichten aus der Praxis – keine einheitlichen Zielsetzungen in der Trägerlandschaft gibt und in der alltäglichen Arbeit nicht immer zugunsten der Betroffenen gehandelt wird. Hilfesuchende Menschen begegnen so immer wieder Ablehnung, Diskriminierung oder scheinbarer Willkür. Eine bessere Vernetzung von Land, Bezirken und Verwaltung könnte auch hier für mehr Klarheit und Qualität sorgen, um am Ende eine tatsächliche Hilfe und Unterstützung für die Menschen gewährleisten zu können.
Als weiterer wichtiger Aspekt wurde im Laufe des Gesprächs immer wieder betont, dass Aufsuchende Sozialarbeit langfristige Begleitung braucht: Mit einem Erstkontakt und einer Vermittlung in vorhandene Strukturen ist oft nicht viel erreicht. Modellprojekte zeigen, dass nachhaltigere Ergebnisse erzielt werden, wenn die Menschen nicht nur an bestehende Unterstützungsangebote vermittelt, sondern auch in dem darauffolgenden Prozess begleitet werden. Hier gilt es, gemeinsam Konzepte zu entwickeln und nötige Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Menschen nachhaltig unterstützen und begleiten zu können.
Auffällig in den vielen Gesprächen, die ich auf verschiedenen Ebenen zum Thema Obdachlosigkeit führe, ist immer wieder, dass häufig andere Problemlagen mitberücksichtigt werden müssen oder sogar im Vordergrund stehen. So sind wir auch im Laufe des Fachgesprächs immer wieder auf diese Schnittstellen zu sprechen gekommen: Ein großes Thema ist hier der Bereich Obdachlosigkeit – psychische Erkrankungen, aber auch die Schnittstellen Obdachlosigkeit – Pflege, Obdachlosigkeit – Arbeit und Obdachlosigkeit – Migration wurden diskutiert. Auch hier wird wieder deutlich, wie vielfältig die Problemlagen der Menschen sind und wie wichtig bedarfsgerechte Angebote sind. Angebote der Aufsuchenden Sozialarbeit, aber auch Angebote des „aufnehmenden Systems“.
Ich danke allen Gästen des Abends für Ihr Kommen und den wertvollen Erfahrungsaustausch!
Nun gilt es, die vielen wichtigen Punkte des Abends zu konkretisieren, und gerade auch in Hinblick auf die bevorstehenden Haushaltsberatungen Konzepte zu entwickeln, die eine gute und nachhaltige Aufsuchende Sozialarbeit für Erwachsene in Berlin ermöglicht.
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