Gleich zwei Umfragen in diesem Herbst zeigen: Pflegefachkräfte leiden unter belastenden Arbeitsbedingungen. Zu diesem Ergebnis kommen die Umfragen des Deutsche Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK) „Teilzeit – Ressource bei Fachkräftemangel?“ auf Bundesebene sowie die Umfrage des „Tagesspiegel Pflege“ zur Situation in Berliner Pflegeheimen auf Landesebene.
Nur 12,5% der teilzeitbeschäftigten Pflegefachkräfte kann/können sich vorstellen, mehr zu arbeiten – das zeigt eine Umfrage des DBfK vom Juni und Juli diesen Jahres. 1366 in Teilzeit arbeitende Pflegekräften aus ambulanter und stationärer Pflege hat der DBfK befragt – und das Ergebnis ist deutlich: die hohe Arbeitsbelastung im Beruf ist der Hauptgrund dafür, dass Pflegefachkräfte häufig in Teilzeit arbeiten.
50% der Menschen in pflegenden Berufen arbeiten in Teilzeit. Gleichzeitig ist der Fachkräftemangel hoch und der Bedarf an Personal in der professionellen Pflege wird Prognosen zufolge kontinuierlich steigen. Der Bundesminister für Gesundheit sieht entsprechend in der hohen Teilzeitbeschäftigung in der Pflege eine Ressource, dem Fachkräftemangel zu begegnen: Teilzeitbeschäftigte aus der Pflege zum Aufstocken ihrer Arbeitszeit oder zu Vollzeitarbeit zu gewinnen, könnte kurzfristig dem hohen Bedarf an Fachkräften lindern. Hintergrund ist das Pflegepersonalstärkungsgesetzes (PpSG) der Bundesregierung, das als „Sofortprogramm Pflege“ dem Fachkräftemangel in der Pflege kurzfristig entgegenwirken soll.
Aber: Wollen und können die Menschen, die Teilzeitarbeit in der Pflege leisten, ihre Wochenstunden überhaupt erhöhen? Worin liegen die Gründe für die hohe Zahl der Teilzeitbeschäftigten? Und welche Rahmenbedingungen müssten sich verändern, um Pflegekräfte zu mehr Arbeitszeit zu bewegen?
Die Auswertung der Umfrage zeigt deutlich: Die Hauptursache für die hohe Anzahl von teilzeitbeschäftigten Pflegekräften liegt in der hohen Arbeitsbelastung in den pflegenden Berufen und nur ein geringer Anteil der Beschäftigten ist unter den derzeitigen Bedingungen zu mehr Arbeitsstunden bereit.
Aber die Umfrage zeigt auch Lösungsansätze auf: mehr Personal, bessere Bezahlung, verlässlicher Dienstplan, höhere Wertschätzung – dies sind die Punkte, die sich aus Sicht von Pflegefachpersonen ändern müssten, um den Beruf wieder attraktiv zu machen.
Und wie sieht die Situation in Berlin aus? Eine Umfrage des „Tagesspiegels Pflege“ vom Juni bis September 2019 unter 677 Mitarbeiter*innen aus Berliner Pflegeheimen kommt zu sehr ähnlichen Ergebnissen: Berliner Pflegefachkräfte leiden an erster Stelle unter der hohen Arbeitsbelastung. Nur 30% geben an, dass eine gute Qualität von Pflege unter den derzeitigen Bedingungen gewährleistet werden kann.
Neben der hohen Arbeitsbelastung ist auch unter Berliner Pflegefachkräften die Bezahlung der zweitgenannte Kritikpunkt: nur 25% der Befragten empfindet die Bezahlung in Pflegeheimen als angemessen. Unter mangelnder gesellschaftlicher Wertschätzung für ihre Arbeit leiden nahezu alle teilnehmenden Pflegefachkräfte – gerade einmal 15% der Mitarbeiter*innen in Pflegeheimen empfinden ihren Beruf als ausreichend anerkannt.
Und trotzdem: mehr als dreiviertel der Pflegenden geben an, dass ihnen die Versorgung von Pflegebedürftigen Freude macht.
Die Antworten von Pflegefachkräften in beiden Umfragen machen es deutlich: hier in Berlin und bundesweit brauchen wir eine Entlastung von Menschen in der Pflege durch bessere Arbeitsbedingungen, mehr Personal, attraktive Modelle für Ausbildung und Arbeit, eine angemessene Bezahlung und eine grundsätzliche Wertschätzung für diese für die Gesellschaft so wichtige Arbeit. Wenn wir Berlin als lebenswerte Stadt für alle gestalten wollen – für pflegebedürftige Menschen und für Fachkräfte in der ambulanten und stationären Pflege – brauchen wir neue Konzepte für Pflege und Pflegende. Wir müssen Pflege neu denken!
Dafür haben wir mit r2g zahlreiche Initiativen umgesetzt und auf den Weg gebracht:
- den Berliner Pakt für die Pflege für höhere Ausbildungszahlen, bessere Vergütung und Arbeitsbedingungen in der Pflege,
- die Digitalisierung der Pflege zur Entlastung von Pflegenden, Pflegebedürftigen und Angehörigen mit Pflege 4.0,
- die Finanzierung von Berufs- und Studienorientierung, um Auszubildende für den Pflegeberuf zu gewinnen
- die Umsetzung des Pflegeberufegesetzes in Berlin und Unterstützung der Gesundheitsschulen als Grundlage für qualitativ hochwertige und zukunftsfähige Ausbildung zur Pflegefachperson
- Lohnausgleichszahlung bei Weiterbildung von Pflegehelfer*innen
- Einrichtung von zwei neuen Stellen im LaGeSo zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse
- die Novellierung des Wohnteilhabegesetzes für mehr Teilhabe und Schutz pflegebedürftiger und behinderter Menschen.
Wir sind damit mit r2g auf einem guten Weg – bis zu einer bedarfsgerechten Pflege in der Hauptstadt bleibt noch viel zu tun.
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