Rede im Parlament zu Pflegemaßnahmen in der Corona-Pandemie

In meiner Rede in der Plenarsitzung am 25.02.2021 habe ich über die Änderung der Verordnung zu Pflegemaßnahmen in der Corona-Pandemie gesprochen. Hier meine Rede:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrte Pflegekräfte, Betroffene und Angehörige,

Ich freue mich, dass wir als Parlament durch das Parlamentsbeteiligungsgesetz jetzt mehr mitbestimmen als vorher. Wir beraten heute die Verlängerung der bisherigen Regelung, deren Zustimmung durch das AGH notwendig wird. Als ich die Änderung der Pflegemaßnahmen-Covid-19-Verordnung durchgegangen bin, habe ich mit mir gerungen. Die Einschränkung von Besuchsmöglichkeiten hat Folgen:  Ängste, Einsamkeit, Isolation, Einschränkung der Freiheitsrechte – das wollen wir alles so gut wie möglich verhindern. Und deshalb ist es uns wichtig, dass diese Einschränkungen nur getroffen werden, wenn es keine anderen Mittel gibt und diese so schnell wie möglich wieder aufgehoben werden. Dafür haben wir uns sehr lange eingesetzt. Weil das in der Verordnung steht, unterstützen wir diese und stimmen zu.

Denn insbesondere in den Pflegeeinrichtungen, als auch in den Krankenhäusern, sind die Einschränkungen bei den Besuchsregelungen an hohe Hürden geknüpft und das ist auch gut so! Nun ist es nicht mehr die ganzeEinrichtung, die komplett unter Quarantäne gestellt werden muss!

Glücklicherweise haben wir inzwischen auch ausreichend vorhandene Schnelltests und verpflichtende Testkonzepte für die Mitarbeiter*innen in den Einrichtungen, die diesen Namen auch wirklich verdienen.

Die von vielen sehnlich gewünschten Lockerungen kann ich persönlich gut nachvollziehen, halte sie als Fachpolitikerin aber derzeit für verfrüht. Auch daher stehe ich hinter der Verlängerung des Besuchskonzepts. Denn wir dürfen auch nicht vergessen, dass die aggressiven Mutationen des Virus inzwischen breitflächig im Bundegebiet und auch in Berlin zu finden sind. Wie schnell sich diese Mutation in den Einrichtungen der Pflege ausbreiten kann, haben wir gerade erst in Hoppegarten in einer Rehaeinrichtung sehen müssen. Auch wenn die Infos aus Israel uns Hoffnung schöpfen lassen.

Weil wir nicht wissen, wie lange wir uns noch einschränken müssen, möchte ich hier noch einmal auf eine Entlastungsmöglichkeit hinweisen, die wir schon lange hätten in den Einrichtungen haben können: Eine verbesserte digitale Struktur.

Wenn wir den Bewohnenden und Angehörigen den Besuch nicht ermöglichen können, dann müssen wir dafür sorgen, dass in allen Einrichtungen eine digitale Struktur aufgebaut wird, damit zumindest über Videotelefonie und Messenger ein Mindestmaß an Austausch und Teilhabe gewährleistet werden kann. Deshalb haben wir Grüne hier auch schon vor einem knappen Jahr auf eine flächendeckende Ausstattung mit digitalen Kommunikationsmitteln gesetzt. Denn es ist klar, dass gerade in einer solchen Zeit alle Möglichkeiten genutzt werden müssen, um einen regelmäßigen Austausch für die Bewohnenden der stationären Pflege möglich zu machen!

Lassen Sie uns nun mal in den Werkzeugkoffer schauen, den wir bereits haben. Das für uns alle wichtigste Mittel zur Bekämpfung der Pandemie ist und bleibt die Impfung!

Wir haben hier nicht zu wenige Stolpersteine im Impfprozedere gehabt und es sind für mich auch heute noch einige wichtige Fragen von der Einladung bis zur Priorisierung offen, aber – und das dürfen wir nicht vergessen-, mit dem Impffortschritt kommen wir auch ein Stückchen näher an die von uns allen so ersehnten Lockerungen des Lockdowns.

Lassen Sie mich nochmal zu den Schnelltests kommen: Wir Grünen begrüßen die Ankündigung der Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, dass künftig für alle Pflegekräfte der tägliche Corona-Schnelltest vor Dienstbeginn zur Regel wird, im Gespräch war diese Maßnahme lange genug mit uns Koalitionspartner*innen.

Wir hätten uns allerdings gewünscht, dass sich der Verordnungstext nicht nur auf die Pflegekräfte bezieht. Es ist natürlich notwendig, dass alle Personen in den Pflegeeinrichtungen sowie die Beschäftigten in der ambulanten Pflege getestet werden. Nur so kann umfassend eine hohe Sicherheit der besonders gefährdeten Pflegebedürftigen hergestellt werden.

Und ich will diesen Raum auch nutzen dafür zu werben, diesen erfolgreichen Ansatz der regelmäßigen verpflichtenden Testungen auch in anderen kritischen Bereichen umzusetzen. So werden auch in der Eingliederungshilfe Menschen mit Vorerkrankungen und mit körpernaher Betreuung versorgt und stehen damit unter einem starken Risiko.

Dies gilt insbesondere aber auch für Menschen, die in ihrer Häuslichkeit z.B. von ihren alten Eltern versorgt werden oder und nicht Teil des Systems der Eingliederungshilfe sind.

Wir müssen auch in den Krankenhäusern dahin kommen, dass der Test selbst verpflichtend gemacht wird, und wir nicht beim Testangebot verharren.

Bevor ich zum Ende komme, möchte ich noch einen weiteren Punkt ansprechen, der mich gestern wirklich gefreut hat und der als ein weiterer wichtiger Teil einer Lösungsstrategie verstanden werden kann.

Gestern hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die ersten drei Schnelltests zur Eigenanwendung durch Laien freigegeben! Innerhalb kürzester Zeit werden hier sicherlich weitere Folgen. Ich hoffe sehr, dass dann auch die Tests, die vom Land Berlin bestellt wurden, tatsächlich dabei sein werden.

Und ja, natürlich spreche ich an, dass wir Grüne uns hier seit Monaten für genau diesen Teil des Werkzeugkoffers eingesetzt haben. Ich erinnere Sie gerne daran, wie Silke Gebel nicht müde wurde diesen wichtigen Baustein in der Pandemiebekämpfung bis zur Durchimpfung der Bevölkerung anzumahnen – und jetzt kommen sie endlich!

Und ja, ich weiß, Antigen-Schnelltests zur Eigenanwendung werden die Pandemie nicht allein lösen, aber Sie können einen wichtigen Baustein ja, sogar einen echten Gamechanger zur Eindämmung darstellen.

Natürlich benötigen wir, wie bei allen positiven Schnelltests die anschließende Sicherheit durch einen PCR-Test. Die Sensitivität und die Spezifität sind also nicht so hoch wie bei einem PCR-Test, aber Sie sind allemal mit den bereits genehmigten Schnelltests vergleichbar. Doch gerade mit dem Blick auf die wohl ansteckenderen Mutationen, ist doch jede selbst entdeckte Infektion von immenser Wichtigkeit.

Gerade mit Blick auf die am Limit arbeitenden Kolleg*innen in der ambulanten Pflege und die ambulanten Dienste ganz allgemein, für die verständlicherweise eine tägliche Schnelltestung einige Herausforderung mit sich bringen würde, kann ein Selbsttest einen einfachen und handhabbaren Weg zu einem sicheren Testkonzept darstellen.

Was wir jetzt brauchen, ist Planungssicherheit bei der Herstellung und Logistik der Test. Ich hoffe inständig, dass der Bundes-Gesundheitsminister hier zurückkehrt zu einer Politik der Nachvollziehbarkeit und nicht der falschen Versprechungen. Da sollte Herr Spahn mal versuchen uns nicht nur klarmachen zu wollen, dass er Kanzler will, sondern auch Gesundheitsminister kann.

Lassen Sie mich also nochmal zusammenfassen, warum wir als Grüne Fraktion den zwei Anträgen zustimmen werden: Wir sprechen uns, gerade mit Blick auf die dynamische Situation rund um die Mutationen des Virus für eine mehrgliedrige Strategie im Bereich der Pflege und Gesundheitsversorgung aus:

Diese besteht für uns aus Testung, Hygienekonzept, Besuchskonzept und Impfung. Je weiter wir mit den Impfungen kommen und je breiter wir testen, desto genauer können wir die Situation in der stationären Pflege überblicken. Frau Senatorin Kalayci hat ja mehrfach geäußert, dass die stationären Altenpflegeeinrichtungen so gut wie durchgeimpft seien und in Ergänzung mit den absehbar kostenlos verfügbaren Selbsttests, werden wir die Möglichkeit hin zu ein wenig mehr Planbarkeit und damit Sicherheit für uns und unsere Liebsten haben. Damit wäre absehbar durch den Impfschutz wieder möglich, seine Angehörigen zu besuchen.

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