Am 15.08.2019 wurde im Parlament die Umsetzung des Pflegeberufegesetzes für Berlin beschlossen.
Hier meine Rede dazu:
Sehr geehrte Frau Präsidentin/ Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
verehrte Gäste,Pflege ist für die gesellschaftliche Versorgung von Pflegebedürftigen wichtig, daher ist eine gute und zeitgemäße Ausbildung zentral.Pflege ist eine Profession und muss dementsprechend gesellschaftlich und politisch verankert werden!
Die Zeiten vom Helferlein der Ärzteschaft und aufopfernder Krankenschwester sind zu Recht passé. Die Etablierung der Selbstverwaltung der Pflege ist längst überfällig, um Pflegekräften eine gleichberechtigte Stimme zu geben und Entscheidungsprozesse aktiver mitbestimmen zu können.
Starke Mitbestimmungs- und Gestaltungsrechte für Pflegekräfte beginnen aber schon an der Basis. Wir Grüne setzen uns daher seit Jahren für gute Arbeitsbedingungen in der Pflege ein! Die Umsetzung des Pflegeberufegesetzes auf Landesebene ist hierfür ein wichtiger Schritt zur Gewinnung und Verbesserung von beruflichen Chancen von Pflegekräften, aber nicht ausreichend!
Denn um eine gute Pflege für ALLE zu ermöglichen brauchen wir schlicht und ergreifend MEHR Fachkräfte. Dafür brauchen wir auch Zuwanderung und ein gesellschaftspolitisches Klima, das Neuzugewanderte willkommen heißt.
Es vergeht jedoch kein Tag, an dem nicht Hass und Hetze gegen vermeintlich anders Aussehende gesät oder gar Auszubildende abgeschoben werden. Dem stellen wir uns im Land Berlin entgegen und auch die Bundesregierung muss hier deutlich mehr tun!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Am 1. Januar 2020 tritt das Pflegeberufegesetz vollständig in Kraft. In der Umsetzung des Bundesgesetzes hier in Berlin stehen wir vor einer Mammutaufgabe. Bereits seit September letzten Jahres besteht die „AG Umsetzung PflBG“, in der im Dialog mit allen beteiligten Akteur*innen die zu bewältigen Aufgaben angegangen, aber auch kontrovers diskutiert wurden.
Immer wieder wird deutlich: Die Umsetzung des Bundesgesetzes stellt nicht nur das Land Berlin vor eine große Herausforderung:
- So hat die Bundesregierung schlichtweg „vergessen“ Mittel für Schulgebäude einzustellen, auf diesen Kosten bleiben jetzt die Länder sitzen!
- Ein weiteres großes Problem ist: auf Grund der neuen generalistischen Ausbildung kommt es bei den Praxiseinsätzen zu einer Nadelöhrsituation:
In der ambulanten Pflege, aber auch in der Pädiatrie und der Psychiatrie gibt es nicht ausreichend Praxiseinsatzplätze bzw. die notwendige fachliche Begleitung für die Praxisphasen.
Eine weitere Herausforderung ist die praktische Ausbildungsplanung von kleinen Betrieben: Mit der Umsetzung des neuen Gesetzes müssen sich wirklich ALLE neu auf den Weg machen. Gerade die kleinen ambulanten Dienste sind hier tatsächlich einfach überfordert und brauchen mehr Unterstützung! Denn sie sind das Rückgrat der Pflege in Berlin. Im Haushalt sind hierfür Mittel eingestellt, um die beteiligten Einrichtungen bei der Durchführung der neuen Ausbildung und Organisation zu unterstützen. Jetzt liegt es an uns bzw. dem Senat, hier ein geeignetes System zu etablieren, dass gerade die kleinen Pflegedienste ausreichend unterstützt und z.B. die Verbundausbildung hier etabliert zur Entlastung aller Beteiligten.
Diesen Herausforderungen werden wir uns als Rot_Rot_Grüne Koalition stellen und lösen.
Auf zwei weitere Punkte möchte ich eingehen: Im Dialog mit den Beteiligten gab es immer wieder die Diskussion um die Mietkosten von Pflegeschulen, weil diese nicht über die Investitionskosten abgedeckt werden. Hier sehen wir uns als Land in der Verantwortung. Diese Verantwortung nehmen wir wahr und daher sind im vorliegenden Haushaltsentwurf dafür Mittel zur Verfügung gestellt.
Ein letzter Punkt, der mir sehr am Herzen liegt ist die berufsbegleitende Ausbildung: Meine Forderung nach einem Stipendium hierfür hat Eingang in den Haushaltsplan gefunden, das ist sehr erfreulich, denn diese berufsbegleitende Weiterbildung ist mit erheblichen Gehaltseinbußen verbunden.
Wir können es uns als Land Berlin nicht erlauben diejenigen, die wir so dringend brauchen, um den Pflegenotstand zu beheben, während der Berufsbegleitenden Ausbildung finanziell auszutrocknen. Denn diese Personen, die diese Ausbildung machen, stehen mitten im Leben, haben oft Verantwortung für Kind und Familie und müssen auch noch diese finanziellen Einbußen hinnehmen. Das ist doch Wahnsinn!
Um die Weiterbildung zur Fachkraft trotzdem attraktiv zu machen, werden wir den Pflegehilfskräften während der Weiterqualifizierung zur Fachkraft einen Zuschuss i.H.v. 500 €/Monat gewähren. Diesen werden sich Arbeitgeber*in und Ausbildungsträger auf der einen Seite und das Land Berlin auf der anderen Seite jeweils zur Hälfte teilen.
Meine Damen und Herren,
Wir sind mit dem Pflegeberufegesetz auf dem richtigen Weg. Aber es braucht noch mehr: die Arbeitsbedingungen in der Pflege müssen grundlegend besser werden, um das Interesse von jungen Menschen an diesem Beruf wieder zu stärken, aber auch damit Pflegekräfte gute Pflege leisten können und ihren Beruf lange und gerne ausüben.
Vielen Dank!
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