Rede im Parlament zum Inklusiven Wahlrecht

Es ist ein großer Erfolg für die rot-rot-grüne Koalition, dass wir endlich die Wahlrechtsausschlüsse für Menschen mit Behinderung abschaffen.

Hier meine Rede dazu aus der letzten Plenarsitzung am 07.03.2019:

Sehr geehrter Herr / Frau Präsident/in,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
liebe Gäste,

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“
Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ist bis heute die Leitschnur für die gleichberechtigte Teilhabe und Mitbestimmung aller Menschen. Mit Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, liebe Kolleginnen und Kollegen,  habe ich bereits in der ersten Lesung zum inklusiven Wahlrecht meine Rede begonnen. Umso mehr freue ich mich heute, dass wir heute in der zweiten Lesung das Landeswahlgesetz endlich ändern und einen wichtigen Schritt gegen die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen gehen und damit die Menschenrechte umsetzen. Artikel 1 gilt unverändert! Für eine Demokratie, deren Regierung und deren Volksvertreter*innen durch das Volk gewählt werden, bedeutet dieses, dass alle Bürger*innen eines Staates oder wie hier in Berlin eines Bundeslandes, ihr Wahlrecht vollumfänglich in Anspruch nehmen können.

Diese Koalition ist angetreten, um allen Menschen mit Behinderung endlich das Wahlrecht zu ermöglichen. Heute lösen wir dieses Versprechen ein! Denn der pauschale Wahlrechtsausschluss für Menschen denen für die Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer oder eine Betreuerin zugeordnet ist, stellte bisher nichts anderes dar, als sie ihrer vollen Rechte als gleichberechtigte Staatsbürger*innen zu berauben. Das ist jetzt Geschichte – zumindest im Land Berlin! Genauso wie alle Menschen frei und gleich geboren und mit Vernunft begabt sind, genau so genießen alle Staatsbürger*innen das Wahlrecht.

Mit dieser Gesetzesänderung ist Berlin eines der Bundesländer, die Vorreiter sind, um die menschenrechtlichen Ansprüche der UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen. Es ist höchste Zeit, dass sich an dieser Stelle nun auch der Bund in seiner großen Koalition bewegt. Das Verfassungsgericht hat jüngst bestätigt, dass die Wahlrechtsausschlüsse für Menschen mit Behinderungen verfassungswidrig sind. Das ist eine klare Ansage. Nun kann sich auch der Bund nicht mehr wegducken, sondern muss die Wahlrechtsausschlüsse abschaffen – noch vor der Europawahl!

Liebe Kolleg*innen und Kollegen,
Artikel 29 der UN-Behindertenrechtskonvention gibt uns unverrückbar vor, dass Menschen mit Behinderung ihre politischen Rechte gleichberechtigt mit anderen wahrnehmen können. Überall.

Nach dem Landeswahlgesetz waren allerdings all jene Menschen pauschal vom aktiven und passiven Wahlrecht ausgeschlossen, für die zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer oder eine Betreuerin bestellt ist, da dem die pauschale Vermutung zu Grunde lag, dass diese Personen nicht in der Lage seien, ihren politischen Willen an der Wahlurne kundzutun!

Jedoch kann nur der, der wählen kann und seine politischen Rechte in Anspruch nimmt, an dieser Gesellschaft vollumfänglich teilhaben! Deshalb möchte diese Koalition die Teilhabe aller Berlinerinnen und Berliner ermöglichen und das inklusive Wahlrecht ist ein zentraler Baustein auf dieser Wegstrecke!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Gäste,

wir alle, die seit Jahren für die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen kämpfen, feiern den heutigen Tag. Denn der heutige Tag ist ein wichtiger Meilenstein auf einer langen Wegstrecke für das Menschenrecht auf Teilhabe! Diese wurde niemandem geschenkt, sondern musste immer hart gegen erbitterte Widerstände erkämpft werden.

Und wir wissen: Die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen ist noch längst nicht vorbei und muss auch in weiteren Lebensbereichen konsequent abgebaut werden!
Nicht nur an der Wahlurne, auch auf dem Arbeitsmarkt, auf dem Ausbildungsmarkt, bei der Wohnungsvergabe, bei der Mobilität und bei der Teilhabe am kulturellen Leben. Diese Aufzählung ist nicht abschließend!

Dieser Kampf braucht einen langen Atem und Menschen, die sich konsequent einbringen und für ihre Rechte kämpfen!

Vielen Dank!

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